Die Frage der Inklusion ist im Grunde eine Frage der Gerechtigkeit und Chancengleichheit. Sollen oder wollen wir, dass alle Menschen unabhängig von ihren physischen, kognitiven und seelischen Voraussetzungen das gleiche Recht auf Teilhabe und somit die gleichen Zugangsmöglichkeiten in unserer Gesellschaft haben? Damit würde man dem Recht auf Inklusion allerdings noch nicht ausreichend gerecht werden; es geht nämlich nicht nur um die Teil-nahme von Menschen mit einer Beeinträchtigung, sondern auch um deren persönliche Entwicklung, deren „Teil-gabe“. Menschen mit einer Beeinträchtigung sollen nicht nur partizipieren - sei es in der Schule, Arbeit oder im privaten Leben, sondern auch ihre individuellen Fähigkeiten und Stärken einbringen können - davon haben sie nämlich genug, teilweise sogar besondere. Als Beispiel soll ein Mann im Rollstuhl nicht nur die Möglichkeit haben, an einer Versammlung physisch teilzunehmen; er soll auch aktiv seine Ideen, Vorschläge, Gedanken einbringen können.
Damit wir als Gesellschaft diesen (rechtlichen) Ansprüchen nachgehen - wollen, braucht es aus meiner Sicht zwei grundsätzliche Denkweisen: erstens die Überzeugung, dass Menschen mit einer Beeinträchtigung genauso ihre Stärken und (sogar besonderen) Fähigkeiten haben. Als Konsequenz besteht die zweite Überzeugung darin, dass wir den individuellen Begabungen jener Personen den gleichen Wert zu sprechen wie unseren eigenen. Demzufolge steht und fällt die Umsetzung der Inklusion mit der Anerkennung von Menschen mit Beeinträchtigung als gleich-wertige Personen.
Auch wenn wir es uns nicht gerne eingestehen wollen – unbewusst sehen wir Menschen mit einer Beeinträchtigung häufig noch als minderwertig und in erster Linie hilfsbedürftig an. Ansonsten würden wir wohl dem Recht auf Inklusion genauso nachkommen und entsprechende Rahmenbedingungen schaffen wollen, wie in Bezug auf andere Gesetze in unserem Rechtsstaat(!). Inklusion muss eine Antwort werden, anstatt immer wieder in Frage gestellt zu werden.
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